DGB-Aufruf zur Europawahl (2019)
» Wenn paritätische Vertretung als eine notwendige Bedingung für Demokratie statt einer in ferner Zukunft liegenden Konsequenz anerkannt wird, müssen Spielregeln und soziale Normen geändert werden. Das würde die Gesellschaft radikal verändern und wirkliche geschlechtergerechte Beziehungen ermöglichen. «
(1994)
ÉLIANE VOGEL-POLSKY
(BE, 1926–2015)
… war Anwältin. Sie vertrat den Fall von Gabrielle Defrenne erfolgreich vor dem EuGH. Die belgische Flugbegleiterin war von ihrer Fluggesellschaft Sabena qua Geschlecht im Alter von 40 Jahren in den Ruhestand gezwungen worden.
» Auch wenn junge Frauen in Europa mit den gleichen formalen Rechten wie junge Männer geboren werden, wird ihnen bald klar, dass die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in allen Bereichen ihres Lebens (wirtschaftlich, politisch, sozial …) in der Praxis fortbestehen. […] Es wurde viel über das Prinzip des Gender Mainstreaming diskutiert, aber bisher war seine Umsetzung wenig effizient. «
(2019)
ALAZNE IRIGOIEN
(ES)
… ist Wissenschaftlerin und Gleichstellungsexpertin. Sie arbeitet u. a. für den europäischen Think Tank GENDER FIVE PLUS (G5+) und engagiert sich bei YOUNG FEMINIST EUROPE (YFE).
Feministische Anspielung auf den bekannten Song von Cyndi Lauper
Die formalrechtliche Gleichstellung ist mit der Zeit durch zahlreiche Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) konkretisiert worden. Der Fokus lag dabei zunächst auf dem Abbau von Barrieren im Erwerbsleben von Frauen.
Ein Meilenstein war das Urteil in der Rechtssache DEFRENNE II (1976). Der EuGH entschied damals, dass der Grundsatz der Entgeltgleichheit (Art. 119 EWGV) eines der Gründungsprinzipien der EU ist und sich Betroffene auch vor den nationalen Gerichten auf diesen Artikel berufen können.
Darauf aufbauend entwickelte die EU-Kommission gleichstellungspolitische Richtlinien, die sich auf die Beschäftigung, soziale Sicherung und Renten, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen fokussieren.
» Ich schlage […] vor, mehr den Weg über den Europäischen Gerichtshof zu nutzen. Anfang der 70er Jahre war es wichtig, die Grenzen des EU-Rechts auszutesten. Ich finde, es wäre wesentlich, die rechtlichen Grenzen gerade im Kontext der Erweiterung von Diskriminierungspolitiken weiter voran zu treiben. «
(2014)
GABRIELE ABELS
(DE, 1964)
… ist Professorin für Vergleichende Politikwissenschaften und Europäische Integration am Institut für Politikwissenschaften der Eberhard Karls Universität Tübingen.
Streikparole zum Internationalen Frauentag am 8. März
Die Einführung europäischer Rechtsgrundsätze allein ist nicht ausreichend. Häufig zögern Mitgliedstaaten die Umsetzung der Richtlinien heraus oder setzen diese nur lückenhaft um: ›Gender Pay Gap‹, ›gläserne Decken‹, Geschlechtersegregation, Mehrfachbelastung sind weiterhin bittere Realitäten des europäischen Arbeitsmarktes.
Am stärksten trifft die berufliche Diskriminierung Migrantinnen. Wer auswandert, wird in den Zielländern kaum durch das Arbeitsrecht geschützt und in der Politik zu Integration, Migration und Asyl fehlt entgegen der Vorgabe meist eine Geschlechterperspektive. Die steigende Erwerbstätigenquote von Frauen beruht zudem auf der Auslagerung der Haus- , Erziehungs- und Versorgungsarbeit (Care-Arbeit) an weniger Privilegierte – vielfach unter prekären Arbeitsbedingungen.
» Wir halten es für grundlegend, dass bei diesem Streik auf den Kampf der Migrantinnen aufmerksam gemacht wird. Denn wir erleiden eine dreifache Unterdrückung, nicht nur, weil wir Frauen der Arbeiterklasse, sondern auch weil wir Einwanderinnen sind. «
(2018)
DIANA
(Lateinamerika – ES)
… ist Immigrantin und Aktivistin der sozialistischen Frauenorganisation PAN Y ROSAS. 2018 engagierte sie sich im spanischen Frauenstreik zum Internationalen Frauentag am 8. März.
» Ich begrüße alle Maßnahmen der positiven Diskriminierung zur Verringerung von Chancenungleichheiten, sozialen Ungleichheiten, Einkommensungleichheiten und ungleichen Aufstiegsmöglichkeiten, denen sich Frauen nach wie vor ausgesetzt sehen. «
(2007)
CHRISTINE LAGARDE
(FR, 1956)
… ist Juristin und Politikerin (LR). Seit 2019 ist die ehemalige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) die erste Frau an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB).
» Der Mangel an Frauen in Spitzenpositionen in der Geschäftswelt schadet der Wettbewerbsfähigkeit Europas und hemmt das Wirtschaftswachstum. […] Ich persönlich bin kein großer Fan von Quoten. Die Ergebnisse daraus begrüße ich aber. […] Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass Europa die unsichtbare Barriere durchbricht, die weiblichen Talenten weiterhin den Weg an die Spitze der börsennotierten Unternehmen in Europa versperrt «
(2012)
VIVIANE REDING
(LU, 1951)
… ist Journalistin und Politikerin (CSV). Sie war mehrfach MdEP und im Kollegium der EU-Kommission: Als Kommissarin für JUSTIZ, GRUNDRECHTE UND BÜRGERSCHAFT setzte sie sich 2012 für eine 40-Prozent-Quote für Frauen in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ein. Die Richtlinie scheitert bislang an der Zustimmung des EU-Ministerrats.
Mehr Frauen in Führungspositionen!
Für die Geschlechtergleichstellung ist – über den zahlenmäßigen Anteil hinaus – entscheidend, welche Positionen und Aufgaben Frauen übernehmen.
In der Wahlperiode 2019 – 2024 wurden erstmals zwei der EU-Spitzenjobs weiblich besetzt: Ursula von der Leyen ist die erste Präsidentin der EU-Kommission und Christine Lagarde leitet als erste Frau die Europäische Zentralbank (EZB). Sie besetzt damit ein hochrangiges Amt der anhaltend männlich dominierten Wirtschafts- und Währungspolitik.
Insgesamt steigt die Zahl der Frauen in den leitenden Ämtern europäischer Institutionen und doch wird Frauen der Zugang zu machtvollen Positionen ebenso wie essenziellen Arbeitsfeldern noch immer qua Geschlecht erschwert.
» Der Moderator [einer Feier in der britischen Botschaft in Frankreich] stellte mich […] als ›Kulturministerin‹ vor, und ich antwortete: ›Nein, Sie meinen Industrieministerin‹. Der verächtliche Ausdruck auf seinem Gesicht sprach Bände: ›Eine Frau als Industrieministerin! Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein.‹ […] Dieses Klischee war so offensichtlich. […] [I]m Grunde sagte dieser eine Moment alles aus. «
(2017)
NICOLE FONTAINE
(FR, 1942 – 2018)
… war Juristin und Politikerin (UMP). Sie war mehrfach MdEP und von 1999 bis 2002 – als zweite Frau nach Veil – Präsidentin des EP. In ihre Amtszeit fiel u. a. die Einführung des Euro und die Unterzeichnung der Grundrechtecharta.
Die Ausstellung wurde von der Freien Hansestadt Bremen federführend umgesetzt
und durch die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland gefördert.